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BayObLG: Auslegung einer Schiedsklausel (DIS-ERGeS)

Das BayObLG hat mit Beschluss vom 10.10.2022 weite Grundsätze für die Auslegung einer Schiedsklausel in dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH festgelegt. Im streitigen Fall erfolgte in der Satzung/ Schiedsklausel keine ausdrückliche Bezugnahme auf die "Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten" der DIS (die "DISERGeS" der Anlage 5), was zur Frage der Wirksamkeit der Schiedsklausel für mehrere gesellschaftsrechtliche Anfechtungsklagen führte. 

Das BayObLG bejahte die Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Es stützte dies im wesentlichen, auf die nach objektivem Verständnis auszulegenden Klausel. Eine Schiedsklausel sei als koporativer Besrtandteil der Satzung auch auslegungsfähig. Die Klausel sei vorliegend weit auszulegen und auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die DISERGeS (Anlage 5) sei es der Wille der Parteien gewesen, alle Streitigkeiten in Ihrem Verhältnius untereinander der Abrede zu unterwerfen, auch gesellschaftsrechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen.  

Nicht völlig nachvollziehbar ist die Entscheidung, weil die DIS-Regeln explizit ein sog. "opt-in" Verfahren vorsehen um die DISERGeS (Anlage 5) zur Anwendung zu bringen. Dies war nach Ansicht des BayOBLG hier erfolgt, weil nicht die Musterklausel der DIS Verwendung fand und weil explizit "alle Stretigkeiten" von der Klausel erfasst sein sollten. Das BayObLG ging davon aus, dass wenn die Parteien (allesamt anwaltlich vertreten) bei der Gründung Kenntnis der Rechtsprechung "Schiedsfähigkeit" gehabt hätten und auch Kenntnis von der Möglichkeit die Anlage 5 einzubeziehen, Sie dies gemacht hätten. Der Beschluss erging im Rahmen eines Antrages auf Feststellung der Zulässigkeit der schiedsrichterlichen Verfahren. 

BGH: Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedsspruch

Die Reichweite einer Schiedsklausel ist grundsätzlich beschränkt auf die Vertragsparteien.

Der BGH hat mit Beschluss vom 9. März 2023 (Az. I ZB 33/22) entschieden, dass auch bei der sog. Durchgriffshaftung im Konzernverbund, der insofern in Anspruch genommene Dritte (idR. die Muttergesellschaft/ Holding), nicht an die nur für die Vertragsparteien geltende Schiedsklausel gebunden sei.

Das Urteil erging im Rahmen eines Antrages auf Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruches. Es schafft Rechtssicherheit für die sog. „non-signatories“, insbesondere für die in internationalen Kontexten findenden „piercing the corporate veil“ Argumente. Diese Ansprüche müssten nach der Entscheidung des BGH grds. vor dem für die in Haftung genommene Konzerngesellschaft geltenden Gerichtsstand geltend gemacht werden und können nicht in einem (ausländischen) Schiedsverfahren anderer Parteien mit erledigt werden.   

BGH: Darlegungs- und Beweislast für das wirksame Zustandekommen einer formgültigen Schiedsvereinbarung

Grundsätzlich gilt (weiterhin), dass für den der Gesellschaft bürgerlichen Rechts beitretenden Gesellschafter eine Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag bzw. eine Schiedsabrede nur dann Wirksamkeit entfalten kann, wenn eine dem Gesetz entsprechende formgerechte Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern vorliegt;

Das BayObLG hat mit Beschluss vom 19.8.2022 (Az. 102 SchH 99/21) entschieden, dass (lediglich) in Fallkonstellationen, in denen der Eintritt eines Gesellschafters einer GbR im Wege der Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge erfolgt oder durch Ausübung eines rechtsgeschäftlichen Eintrittsrechts die Position eines anderen Gesellschafters, eine bestehende, rechtswirksam begründete Schiedsvereinbarung den neuen Gesellschafter bindet, ohne dass es eines gesonderten Beitritts zum Schiedsvertrag in der Form des § 1031 ZPO bedarf.

Weiterhin stellt das BayObLG am aaO erneut fest, dass im Verfahren nach § 1032 II ZPO derjenige darlegungs- und beweispflichtig  für das wirksame Zustandekommen einer formgültigen Schiedsvereinbarung ist, der sich darauf beruft. Verbleibende Zweifel gehen – unabhängig von den jeweiligen Parteirollen – zulasten derjenigen Partei, die einen wirksamen Abschluss behauptet.

BGH: Rechtsprechung zu § 227 I ZPO ist grundsätzlich auch auf die Schiedsgerichtsbarkeit übertragbar

Erfolgreiche Rechtsbeschwerde zum BGH: Die Rechtsprechung zu § 227 I ZPO ist grundsätzlich auch auf die Schiedsgerichtsbarkeit übertragbar

Der BGH hat mit Beschluss vom 21.4.2022 (Az. I ZB 36/21) entschieden, dass die zu § 227 I ZPO ergangene Rechtsprechung über die Erheblichkeit von Gründen für einen Terminverlegungsantrag auf die Schiedsgerichtsbarkeit übertragen werden kann - soweit die Besonderheiten des Schiedsverfahrens keine abweichende Beurteilung erfordern.

Das bedeutet nach Ansicht des BGH, dass die offensichtlich fehlerhafte Ablehnung eines Terminverlegungsantrags dies das Gehörsrecht (Art. 103 I GG) der betroffenen Partei verletzten kann. Dies lag im vorliegenden Fall daran, dass eine Partei in der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht nicht anwaltlich vertreten war und ihr Äußerungsrecht daher nicht sachgerecht wahrnehmen kann. Denn, so der BGH aaO., es kann in der Regel dann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Erörterung des Streitstoffs in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der nicht vertretenen Partei zu einer anderen Entscheidung geführt hätte.

Hintergrund der Entscheidung war, dass der dortige Antragsgegner mitgeteilt hatte, dass seine sachbearbeitende Rechtsanwältin schwer erkrankt wäre. Der Schiedsrichter hat den Verhandlungstermin zwar verlegt aber den weitergehenden Antrag auf Verlegung des Termins abgelehnt. Der Schiedsrichter hat sodann die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Antragsgegners sowie von dessen Prozessbevollmächtigten durchgeführt und seinen Schiedsspruch erlassen. Das OLG Hamburg (11 Sch 2/20) hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen die Entscheidung des OLG Hamburg war erfolgreich.