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BGH: Darlegungs- und Beweislast für das wirksame Zustandekommen einer formgültigen Schiedsvereinbarung

2022/11/13, Markus Muenzenmaier

Grundsätzlich gilt (weiterhin), dass für den der Gesellschaft bürgerlichen Rechts beitretenden Gesellschafter eine Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag bzw. eine Schiedsabrede nur dann Wirksamkeit entfalten kann, wenn eine dem Gesetz entsprechende formgerechte Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern vorliegt;

Das BayObLG hat mit Beschluss vom 19.8.2022 (Az. 102 SchH 99/21) entschieden, dass (lediglich) in Fallkonstellationen, in denen der Eintritt eines Gesellschafters einer GbR im Wege der Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge erfolgt oder durch Ausübung eines rechtsgeschäftlichen Eintrittsrechts die Position eines anderen Gesellschafters, eine bestehende, rechtswirksam begründete Schiedsvereinbarung den neuen Gesellschafter bindet, ohne dass es eines gesonderten Beitritts zum Schiedsvertrag in der Form des § 1031 ZPO bedarf.

Weiterhin stellt das BayObLG am aaO erneut fest, dass im Verfahren nach § 1032 II ZPO derjenige darlegungs- und beweispflichtig  für das wirksame Zustandekommen einer formgültigen Schiedsvereinbarung ist, der sich darauf beruft. Verbleibende Zweifel gehen – unabhängig von den jeweiligen Parteirollen – zulasten derjenigen Partei, die einen wirksamen Abschluss behauptet.

BGH: Rechtsprechung zu § 227 I ZPO ist grundsätzlich auch auf die Schiedsgerichtsbarkeit übertragbar

Erfolgreiche Rechtsbeschwerde zum BGH: Die Rechtsprechung zu § 227 I ZPO ist grundsätzlich auch auf die Schiedsgerichtsbarkeit übertragbar

Der BGH hat mit Beschluss vom 21.4.2022 (Az. I ZB 36/21) entschieden, dass die zu § 227 I ZPO ergangene Rechtsprechung über die Erheblichkeit von Gründen für einen Terminverlegungsantrag auf die Schiedsgerichtsbarkeit übertragen werden kann - soweit die Besonderheiten des Schiedsverfahrens keine abweichende Beurteilung erfordern.

Das bedeutet nach Ansicht des BGH, dass die offensichtlich fehlerhafte Ablehnung eines Terminverlegungsantrags dies das Gehörsrecht (Art. 103 I GG) der betroffenen Partei verletzten kann. Dies lag im vorliegenden Fall daran, dass eine Partei in der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht nicht anwaltlich vertreten war und ihr Äußerungsrecht daher nicht sachgerecht wahrnehmen kann. Denn, so der BGH aaO., es kann in der Regel dann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Erörterung des Streitstoffs in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der nicht vertretenen Partei zu einer anderen Entscheidung geführt hätte.

Hintergrund der Entscheidung war, dass der dortige Antragsgegner mitgeteilt hatte, dass seine sachbearbeitende Rechtsanwältin schwer erkrankt wäre. Der Schiedsrichter hat den Verhandlungstermin zwar verlegt aber den weitergehenden Antrag auf Verlegung des Termins abgelehnt. Der Schiedsrichter hat sodann die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Antragsgegners sowie von dessen Prozessbevollmächtigten durchgeführt und seinen Schiedsspruch erlassen. Das OLG Hamburg (11 Sch 2/20) hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen die Entscheidung des OLG Hamburg war erfolgreich.

 

Weitere Rechte des besonderen Vertreters bei der GmbH

Gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG (analog) kann ein besonderer Vertreter bestellt werden um Klage nicht nur gegen den Geschäftsführer selbst - sondern auch gegen eine von ihm mittelbar beherrschte Gesellschaft zu erheben

Der BGH hat mit Urteil vom 30.11.2021 (Az. II ZR 8/21) klargestellt, dass es dem ggf. bestellten besonderen Vertreter bei der GmbH auch gestattet ist gegen einen Dritten in Form einer vom Geschäftsführer (mittelbar) beherrschten Gesellschaft vorzugehen.  Anders als im Aktienrecht (dort § 147 ff. AktG) ist die Stellung des besonderen Vertreters in der GmbH nicht umfassend geregelt. Es ist zwar möglich, dass Geschäftsführer, die Ansprüche der GmbH gegen (andere) Geschäftsführer geltend machen. Nach § 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG obliegt es der Gesellschafterversammlung, die Geschäftsführer zu einer Inanspruchnahme anzuweisen. Da aber auch in diesen Fällen die Möglichkeit der Voreingenommenheit besteht, kann die Gesellschafterversammlung einen besonderen Vertreter bestellen, Der BGH hat nun klargestellt, dass ein besonderer Vertreter kann gem. § 46 Nr. 8 Var. 2 GmbHG analog auch bestellt werden kann, um Rückforderungsansprüche gegen eine vom Geschäftsführer kontrollierte Gesellschaft einzuklagen. Auch ggf. mehrstufige komplexe Beteiligungsstrukturen hindern somit nicht die Durchsetzung von Ansprüchen durch besondere Vertreter auf Seiten der klagenden GmbH.

Ein GmbH-Gesellschafter kann Ansprüche der Gesellschaft aus § 43 II GmbHG gegen ihren Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht im eigenen Namen geltend machen

Der BGH hat mit Urteil vom 25. Januar 2022 (Az. II ZR 50/20) zur sog. actio pro socio nu mehr klargestelt, dass die dem Gesellschafter hiernach zukommende Klagebefugnis sich grundsätzlich nicht auf Ansprüche gegen den Geschäftsführer erstreckt, welcher nicht auch Gesellschafter der GmbH ist.

Ein Gesellschafter ist im Allgemeinen nicht befugt, den Schaden, den ein Dritter der nicht in einer gesellschaftsrechtlichen Sonderbeziehung zu ihm steht, der GmbH zugefügt hat, als eigenen geltend zu machen (actio pro socio, so: BGH NZG 2018, 220). Dies gilt auch für den Schaden, den der dem Gesellschafter nicht durch eine solche Sonderbeziehung verbundene Fremdgeschäftsführer verursacht hat (BGH ZIP 1982, 1203 oder OLG München NZG 2013, 947).

Der Minderheitsgesellschafter kann allerdings -insofern hat sich die Rechtsprechung nicht geändert- wenn die Gesellschaftermehrheit es treuwidrig unterlässt, Ansprüche der Gesellschaft geltend zu machen, Schadensersatz im Wege der actio pro socio gegen die Mehrheitsgesellschafter geltend machen (BGH WM 1990, 1240).